Selbstzweifel? Ja bitte!
Warum sich Selbstzweifel positiv auf deine Performance auswirken

Du bist kurz davor auf die Bühne zu gehen und eigentlich weißt du, dass du gut vorbereitet bist. Du hast geübt, deine Stimme fühlt sich gut an und bei den Proben hat alles soweit funktioniert. Und trotzdem geht es wieder los:

  • “Hoffentlich geht alles gut und ich treffe den hohen Ton in dem Song.”
  • “Oh Mann, was wenn mich alle anschauen und ich habe ein Blackout?”
  • “Was werden die Leute denken, wenn ich das Lied vermassle?”
  • “Ich hab’ viel zu wenig geübt. Ich werde bestimmt Fehler machen und das Publikum wird es merken.”

Und wieder sind sie da. Die Selbstzweifel, ob du gut genug bist, um diese Show hinzubekommen. Du wirst hibbelig und langsam, aber sicher hält ein wenig Lampenfieber Einzug. 

Aber was wäre, wenn ich dir sage, dass ein gewisses Maß an Selbstzweifel vor einem Auftritt auf der Bühne eine gute Sache ist?

Inhaltsverzeichnis

Selbstzweifel – Was sie sind und woher sie kommen

Dank Wikipedia habe ich folgende Definition gefunden:

Als Selbstzweifel bezeichnet man in der Psychologie die Zweifel an der eigenen Person (an einem selbst). Betroffene befinden sich in einer inneren Unzufriedenheit und Unsicherheit darüber, was sie selbst tun, können oder wollen. Daher wird auch von Selbstunsicherheit gesprochen. Die eigene Person wird subjektiv wahrgenommen und Positives wird daher meist übersehen.

Es geht im Prinzip um Unsicherheiten bezüglich der eigenen Fähigkeiten. Was für mich essenziell ist: Positives wird übersehen, oder ausgeblendet!

Und jeder Unsicherheit gehen Gefühle voraus, ob man die Fähigkeit hat bei wichtigen Ereignissen (zB. einem Konzert) erfolgreich zu sein, oder eben Gedanken, die sich auf die schlechten Dinge konzentrieren, die passieren könnten, wie ich beispielhaft in der Einleitung geschrieben habe.

Haare Angst

Die Menge macht das Gift – Negative Folgen von Selbstzweifel

Welche Auswirkungen können Selbstzweifel im schlimmsten Fall haben?
Ich denke, dass es fast niemanden geben wird, der noch nie von Selbstzweifel geplagt wurde. Sie lassen unsere Fähigkeiten kleiner erscheinen, als sie tatsächlich sind und sie halten uns davon ab unser volles Potenzial auszuschöpfen.
Stress, Ängstlichkeit, Furcht, Isolation, mangelndes Vertrauen und das allgemeine Gefühl, überfordert zu sein, ob man seine Ziele überhaupt erreichen würde, sind weitere Auswüchse von Selbstzweifel.
Unser Selbstwert und Selbstbewusstsein leidet unter ihnen und oftmals vermeiden wir Situationen, die Selbstzweifel in uns auslösen, aus Angst vor dem Scheitern und lassen uns große Chancen im Leben entgehen.

Wir stehen uns selbst im Weg. Ein Teufelskreis entsteht, denn oft machen wir uns danach Vorwürfe wie: “Ach hätte ich doch…” und fühlen uns noch schlechter. 

Das große ABER: Selbstzweifel können nützlich sein

Ohne Schlecht kein Gut. Meiner Überzeugung nach bewegt sich immer alles auf einem Spektrum. Genauso verhält es sich bei Selbstzweifel. Britische Forscher haben herausgefunden, dass ein wenig Selbstzweifel an einer bereits gut erlernten Fähigkeit die Anstrengung und Leistung tatsächlich erhöht. Was sagt man dazu?

Während die meisten Menschen glauben, dass Selbstvertrauen gut für ihre Leistung ist, fanden die Forscher bei der Studie aus dem Jahr 2010 “Self-confidence and performance: A little self-doubt helps” heraus, dass es gar so etwas wie ein zu großes Selbstvertrauen gibt.

Wie wurde getestet? Die Studie

Tim Woodman ließ bei seiner Studie seine Studienteilnehmer:innen Seilspringen. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen geteilt und beide Gruppen wurden zu Beginn gebeten, eine Minute lang Seil zu springen. Während dieser Übungs-Minute mussten die Teilnehmer zusätzlich jedes Mal, wenn ein Piepton hören war, laut das Wort „jetzt“ aussprechen.

Soweit so gut. Danach kam es zum Wettbewerb.

Nach einer 5-minütigen Pause wurde eine der Gruppen gebeten, die Aufgabe zu wiederholen – nur dass diesmal etwas auf dem Spiel stand. Die Person mit den meisten Sprüngen und der schnellsten Reaktion auf die Pieptöne würde einen Preis von 45 Dollar gewinnen.

Die erste Gruppe durfte die Übung wie gewohnt nochmals ausführen, während die zweite Gruppe für diese Runde ein “anderes” Sprungseil zur Verfügung gestellt bekam.
Laut Auskunft könnte dieses Seil “die Leistung aufgrund von Unterschieden in Gewicht, Länge und Steifigkeit leicht beeinträchtigen“, war die Auskunft.
In Wirklichkeit war das Seil in jeder Hinsicht genau dasselbe wie das aus der erste Runde, nur dass die Farbe eine andere war.
Diese Manipulation war eine hinterhältige Möglichkeit der Forscher, das Selbstvertrauen der Teilnehmer zu verringern und Selbstzweifel in der experimentellen Gruppe hervorzurufen.

Vor jedem Versuch nahmen die Teilnehmer außerdem eine Selbstvertrauensbeurteilung vor. Diejenigen, die das “schlechtere” Seil bekommen haben dachten, dass sie im Wettbewerb schlechter abschneiden würden, während sich die Teilnehmer:innen der “normalen” Gruppe zutrauten, gleich viele Sprünge zu schaffen.

Was war das Ergebnis?

Normalerweise würde man denken, dass die Teilnehmer:innen mit dem “Selbstvertrauensverlust” tatsächlich schlechter abschneiden würden. Doch das Gegenteil war der Fall! Die Teilnehmer:innen in der Gruppe mit dem “schlechteren” Seil verbesserten die Leistung bei der 1-Minuten-Spring-Wettkampfaufgabe.

Welche Erklärung haben die Forscher dafür? 

Ihre Auslegung ist, dass diese Studie darauf hindeutet, dass der Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen und Leistung komplexer und dass ein wenig Selbstzweifel tatsächlich hilfreicher sein könnten, als bisher angenommen.

Sie führen das Ergebnis auf übermäßige Selbstzufriedenheit bzw. sogar Selbstgefälligkeit zurück und darauf, dass die Leistungseffizienz abnimmt, wenn das Leistungsniveau tendiert zuzunehmen. 

Kurzum: Wenn wir zu Selbstbewusst sind, tendieren wir eher dazu schlampiger, ungenauer und unmotivierter zu sein. Auch auf der Bühne. Wir nehmen es dann einfach nicht ernst genug.

Wenn Menschen übermäßig zuversichtlich sind, kann es für sie schwieriger sein, ihr Bestes zu geben.

Fazit

Auch wenn die Studienergebnisse durchaus augenöffnend sind, gibt es dennoch einen großen Unterschied zwischen ein bisschen „gesundem“, leistungssteigerndem Selbstzweifel und der lähmenderen Selbstvertrauens-Nervositäts-Lampenfieber-Panik.

Solltest du merken, dass eher Zweites auf dich zutrifft, kann dir mein Artikel “Tipps & Tricks wie man Lampenfieber überwindet und erfolgreich bekämpft” eine Hilfe sein.

Zusammenfassend kann aber davon ausgegangen werden, dass ein hohes Maß an Selbstvertrauen und Motivation zwar die Leistung steigern, dass übermäßiges Selbstvertrauen allerdings auch zu Selbstgefälligkeit führen kann und sich negativ auf die Leistung auswirkt. Das liegt daran, dass Menschen, die sich ihrer Fähigkeiten zu sicher waren, am Ende schlechter abschnitten, als wenn sie selbstkritischer gewesen wären.

Die Lösung liegt wie immer in der Mitte.

Die Frage nach dem “optimalen Maß” an Selbstzweifel für uns Sänger:innen bleibt.

Es liegt irgendwo in der Mitte von:
Wir glauben, dass wir gut abschneiden werden, uns aber der möglichen Fallstricke auf dem Weg dorthin bewusst sind.

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